Von Harold Barclay
Herausgegeben und aus dem Anglo-Kanadischen übersetzt von Jochen Schmück. Berlin: Libertad Verlag, 1985 (= Edition Schwarze Kirschen; 6). 320 Seiten, zahlr. Abb. ISBN 978-3922226109. 16,80€. Direktkauf bei aLibro.
Anarchie, also die Abwesenheit von Herrschaft, ist weder Chaos noch irgendeine unrealisierbare Utopie. Und tatsächlich scheint sie zumindest in der Vergangenheit eine sehr verbreitete Form der politischen Organisation gewesen zu sein.
Der kanadische Anthropologe Harold Barclay beschreibt in seiner Arbeit „Völker ohne Regierung“ verschiedene sog. „primitive“ Gesellschaften, deren politische Strukturen als anarchisch charakterisiert werden können. Obwohl es sich bei diesen Völkern vorwiegend um kleinere archaische Gruppen von Jägern, Sammlern, Pflanzern, Ackerbauern und Hirten handelt, weisen auch größere Bevölkerungsgruppen mit komplexeren Gesellschaftsstrukturen anarchische Merkmale in ihren politischen Beziehungen auf. Barclay gibt daher ausgehend von seiner Untersuchung verschiedener Gesellschaften in Afrika, Nord- und Südamerika, Australien, Asien und Nordeuropa einen Überblick über das historisch breite Spektrum von Gesellschaften mit libertären Tendenzen.
Aus der Sicht des Anthropologen versucht der Autor in seiner Untersuchung, vor allem die Praxis der Anarchie aufzuzeigen. Besondere Aufmerksamkeit widmet er dabei den verschiedenen Techniken der Führung, der Aufrechterhaltung von Ordnung und den politischen Entscheidungsprozessen. Barclay zeigt das dynamische Wechselspiel zwischen Freiheit und Autorität auf, das in der weitverbreiteten Tendenz der anarchischen Gesellschaften, in Staaten mit einer Regierung zu degenerieren, zum Ausdruck kommt und ein Trend ist, der bei kleineren Gruppen die Entwicklung zur Oligarchie begünstigt.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1. Über das Wesen der Anarchie: Über Anarchie und Anarchismus
- Soziale Ordnung und Autorität
- Soziale Sanktionen
- Regierung und Staat
- Schlußfolgerung
2. Einige Bemerkungen zur Vorgehensweise
3. Anarchie bei Jägern und Sammlern
- Die Inuit
- Die San
- Die Pygmäen
- Australische Jäger und Sammler
- Andere Wildbeuter
- Die Yurok
- Die Indianer der Nordwestküste
4. Anarchische Gartenbauern
- Gartenbautreibende Völker in Afrika südlich der Sahara
- Die Lugbara
- Die Konkomba
- Die Tiv
- Die Plateau-Tonga
- Zwei Grenzfälle: Die Anuak und die Ibo
- Neuguinea
- Die Ifugao
- Die Land-Dayak
- Südamerikanische Indianer
5. Anarchische Hirtenvölker
- Die Nuer
- Egalitarismus und Hirtentum
- Die Samen
6. Anarchie in agrarischen Gesellschaften
- Die frühen isländischen Siedler
- Die Imazighen
- Die Santal
- Die freie Stadt des Mittelalters
- Faschistischer Korporativismus, Syndikalismus und die mittelalterliche Kommune
- Die Wiedertäufer und die Anarchie
7. Anarchie in der modernen Welt
- Die Machnowstschina
- Die Spanische Revolution
- Die anarchistischen Siedlungsprojekte
8. Was können wir von anarchischen Gemeinwesen lernen?
- Einige allgemeine Merkmale anarchischer Gemeinwesen
- Kulturelle Blüte und Anarchie
- Techniken zur Aufrechterhaltung der Ordnung
- Entscheidungsfindung in der Gruppe
- Führertypen in anarchischen Gemeinwesen
- Über die Ursprünge des Staates
- Hat Anarchie eine Zukunft oder ist die Geschichte eine Einbahnstraße?
ANHANG:
- Bibliographie
- Glossar
- Register